Dettighofen, das „idyllische“ Dorf
Lage: Die Gemeinde Dettighofen mit ihren gut 1.200 Einwohnern und einer Gemarkungsfläche von 1.438 ha liegt am Rande des Zollausschlussgebietes im östlichen Teil des Landkreises Waldshut. Eingebettet von den Gemeinden Jestetten und Klettgau ist ¾ der Gemarkungsgrenze gleichzeitig auch Staatsgrenze zur benachbarten Schweiz. Das war mit ein Grund, warum 1840 Dettighofen mit in den Zollausschluss des Jestetter Zipfels einbezogen wurde.
Zur Gemeinde Dettighofen gehören die Ortsteile und vor der Gemeindereform selbständigen Gemeinden Baltersweil und Berwangen. Zuvor wurden schon 1935 die Stabhaltereien Eichberg und Albführen per Dekret der damaligen Reichsregierung in die Gemeinde Dettighofen eingegliedert. Die Gemeinde befindet sich in einer Höhenlage zwischen 450 und 650 m über dem Meeresspiegel. Die in der Umgebung übliche Bezeichnung „Bergemer“ für die Einwohner der Gemeinde sagt schon etwas über die Höhenlage dieser Dörfer im Vergleich zur näheren Umgebung aus. So windet sich auch die Landstrasse L 163 vom Wangental aus in vielen Kurven den Berg hinauf nach Baltersweil, um dann wieder nach Dettighofen hin abzufallen.
In den letzten Jahren wurde die Gemeinde zwar immer mehr auch von den Schweizer Nachbarn als günstige und schöne Wohngemeinde entdeckt, doch die Landwirtschaft hat nach wie vor einen hohen Stellenwert.
Wenn man in der Geschichte zurückblättert, stellt man fest, dass Dettighofen „Hof des Tetting“ bedeutet und auf einen einzelnen Hof hinweist, der schon im 9. Jahrhundert dem Kloster Rheinau unterstand. Obwohl aufgrund der zahlreichen Gerätefunde angenommen werden muss, dass Dettighofen in der jüngeren Steinzeit besiedelt war, wird der Ort erst im Jahre 1282 erstmals als Tettinghofen urkundlich erwähnt.
Eine große wirtschaftliche Bedeutung hatte seit 1588 die Erzgräberei. Schmelzöfen in Jestetten, später in Eberfingen und zuletzt in Albbruck übernahmen die Verhüttung des Bohnerzes, das im Tagebau gewonnen wurde. Sieben Gruben befanden sich im Eichberg, in Albführen und Baltersweil. Die notwendigen Arbeitskräfte stellten die Einwohner Dettighofens und die der umliegenden Gemeinden sowie Tiroler Bergarbeiter, die am Ende des 30-jährigen Krieges in unsere Gemeinde kamen und sich besonders in Baltersweil und Dettighofen niederließen.
Später in den Revolutionsjahren 1848/49 hat der „Löwen“ in Dettighofen große Bedeutung erlangt. Hier haben die Anführer der Revolutionsgruppen getagt und beschlossen, gegen die Preußen und gegen die Badischen Regierungstruppen Front zu machen.
Nach der Niederlage und den folgenden Notzeiten verließen viele Dettighofer ihre Heimat und gründeten in Amerika eine neue Existenz. Darunter auch die Familie Wittmer, die durch harte Arbeit und durch Ölfunde zu großem Reichtum kam. Ihre angestammte Heimat haben die Wittmers aber nicht vergessen. Bei einem Besuch kurz vor der Jahrhundertwende spendeten sie große Beträge für eine Bücherei. Mit weiteren Spenden konnte dann 1903 die Lesehalle gebaut werden, die heute die mit 4.000 Bänden umfassende „Wittmer-Bibliothek“ beherbergt und an die - für die örtlichen kulturellen Vereine - ein Proberaum angegliedert ist. Mit alljährlichen Zuwendungen aus einem 1929 von den Nachkommen der Wittmers gebildeten Fonds kann das Haus mit der Bücherei unterhalten werden.
Eine Besonderheit ist sicher auch, dass 1870/71 in Dettighofen eine altkatholische Gemeinde gegründet und für sie ein eigenes Pfarrhaus und eine eigene Kirche erbaut wurde. Bis zum heutigen Tag wird vom altkatholischen Pfarramt (christkatholisch) in Dettighofen der badische Klettgau von der Wutach bis nach Jestetten versorgt. Die katholische Kirche für die Gesamtgemeinde steht in Baltersweil und wird von Jestetten aus betreut. Das evangelische Pfarramt in Jestetten ist für die evangelischen Christen der Gemeinde zuständig, die mehrmals im Jahr in der altkatholischen Kirche Gottesdienst feiern.
Im Jahre 1909 schrieb der damals sehr bekannte Reiseschriftsteller Norbert Jacques in der „Neuen Rundschau“ des S. Fischer Verlags, einem der führenden literarischen Blätter Deutschlands, einen feuilletonistischen Artikel über ein in seiner kulturellen Entwicklung vorbildliches Dorf. Er nannte weder den Namen noch die genaue Lage des Dorfes, auch die Bewohner wurden ohne Nennung ihres Familiennamens vorgestellt. Dass es sich dabei um das im östlichen Kreisgebiet gelegene Dettighofen handelte, das an prominenter Stelle in so lobenden Worten erwähnt wurde, wie sie bislang für wohl kaum eine andere Gemeinde des Landkreises Waldshut gefunden wurden, war damals wie heute vermutlich nur wenigen bekannt. Für den Autor war der Ort „das ideale Dorf“.
Der geschichtliche Rückblick über die Gemeinde Dettighofen wäre daher unvollständig, wenn man sich nicht bedeutender Männer unserer Heimatgemeinde erinnern würde. Erwähnt werden muss hier das Dichterhäuschen auf dem Eichberg . Erbaut wurde es von Alexander Würtenberger, der sich durch viele Mundartwerke, besonders auch Theaterstücke, im alemannischen Sprachraum einen Namen gemacht hat. Alexander Würtenberger trat auch als Rosenzüchter und Imker hervor. Für ernteschwache Jahre sollte den Bauern so ein Nebenerwerb gesichert werden.
Nach Würtenbergers Tod 1933 zog der Maler Oskar Schlemmer in das Häuschen ein, der wegen seiner „entarteten Kunst“ im Dritten Reich verfemt war. Auf einem NS-Plakat wurde der Bauhaus-Lehrer 1933 mit anderen als „destruktives, marxistisch-jüdisches Element“ gebrandmarkt. Im Sommer 1933 verbot ihm der NS-Staat die Lehrtätigkeit in Berlin. Die Eichberger Zeit ab Frühjahr 1934 war geprägt von Anstrengungen sich selbst nach der Entlassung wiederzufinden und den Lebensunterhalt für seine Familie mit drei Kindern sicherzustellen. Am Landleben mit Gartenbau und Viehzucht hatte er Freude, doch blieb wenig Zeit für die Atelierarbeit. 1937 verließ dieser heute weltweit bekannte Künstler den Eichberg. Genauso wie bei der Familie Wittmer wie auch bei Alexander Würtenberger wurde in Dettighofen eine Straße nach diesem berühmten und bekannten Maler des 20. Jahrhunderts benannt.
Nach dem Wegzug der Familie Schlemmer wohnte der Musikpädagoge und Heimatdichter Fritz Detering im Dichterhäuschen . Viele Kinder der Gemeinde und der Umgebung lernten bei ihm Gitarre, Zither, Mandoline und das Flötenspiel. Viele Gedichte und Lieder über Dettighofen hat er hinterlassen, dazu das Büchlein „Das Dichterhäusle auf dem Eichberg“. Fritz Detering starb hochbetagt im Februar 1997.
In Dettighofen hat sich zu Beginn des letzten Jahrhunderts ein Kapitel dörflicher Kulturgeschichte ereignet, das landesweit Vorbildcharakter besaß. Dettighofen war als das „lesende Dorf“ bekannt, und man führte sogar einen Briefwechsel mit dem „Verein für Verbreitung guter Schriften in der Schweiz“.
Bleibt noch nachzutragen:
Es war der in Dettighofen geborene Geologe Leopold Würtenberger (1846-1886), der als Erster die richtige erdgeschichtliche Interpretation für die Entstehung des Rheinfalls in Schaffhausen gab.
Näheres zur Geschichte der Gemeinde Dettighofen kann der Ortschronik entnommen werden. Diese ist erhältlich bei der Gemeindeverwaltung.
Weitere Informationen finden Sie auch im Landeskundlichen Informationssystem LEO-BW online.